Die Pflegeversicherung (PV) ist eine Einrichtung des deutschen Sozialversicherungssystems. In anderen Staaten ist sie nicht vorhanden oder anderen Institutionen zugeordnet. In Österreich bietet das Bundespflegegeldgesetz BPGG eine vergleichbare Absicherung im Pflegefall, die Schweiz hat kein solches System.
Die Träger der Pflegeversicherung sind die Pflegekassen, deren Aufgaben von den Krankenkassen wahrgenommen werden. Alle gesetzlich krankenversicherten Personen wurden mit Inkrafttreten des SGB XI in die soziale Pflegeversicherung aufgenommen. Dort nicht Versicherte können auch in die Pflegeversicherung aufgenommen werden (geregelt im nachträglich eingefügten § 26a SGB XI). Alle Vollversicherten einer privaten Krankenversicherung wurden Mitglieder der privaten Pflegeversicherung (PPV). Damit wurde erstmals ein Versicherungsschutz für praktisch die gesamte Bevölkerung eingeführt.
Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung, die für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens für mindestens 6 Monate in
erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen
Die Pflege muß entweder als Unterstützung, teilweiser oder vollständiger Übernahme der Verrichtungen oder aber als Beaufsichtigung oder Anleitung zur Durchführung folgender Tätigkeiten dienen:
Um Leistungen der Pflegeversicherung in Anspruch nehmen zu können, stellt die pflegebedürftige Person einen Antrag bei ihrer Krankenkasse oder bei der ihrer Krankenkasse angeschlossenen Pflegekasse; das gilt auch bei einer angestrebten Einstufung in eine andere Pflegestufe. Die Kasse lässt daraufhin vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) ein Gutachten anfertigen, um die Pflegebedürftigkeit und den Pflegeaufwand dafür im Einzelnen festzustellen. Das geschieht bei einem - zuvor angemeldeten - Hausbesuch eines Gutachters. Vorteilhaft ist es, zuvor eine Zeit lang ein Pflegetagebuch zu führen; Vordrucke dafür gibt es bei der Krankenkasse.
Der vom Gutachter festgestellte Pflegeaufwand ist nicht der reale Zeitbedarf im konkreten Fall, sondern ist zusammengesetzt aus vom Gesetzgeber vorgegebenen Minutenwerten für die als notwendig erachteten Hilfen. Einige wichtige Faktoren werden bei der Ermittlung dieses Zeitbedarfs für die Pflege nicht berücksichtigt:
Der Gutachter empfiehlt der Kasse je nach festgestellten Pflegeaufwand eine der Pflegestufen und ob häusliche Pflege durch ehrenamtliche Pflegepersonen, durch einen ambulantem Pflegedienst oder stationäre Pflege in Betracht kommt. Bei ehrenamtlicher häuslicher Pflege beurteilt und berichtet er der Pflegekasse auch, ob und durch welche Pflegeperson(en) diese gesichert erscheint.
Die Entscheidung zur Pflegeeinstufung trifft die Pflegekasse unter maßgeblicher Berücksichtigung des Pflegegutachtens. Je nach Pflegestufe bestehen für Pflegebedürftige unterschiedliche Leistungsansprüche.
I - erhebliche Pflegebedürftigkeit, d.h. Hilfebedarf mindestens 90 Minuten pro Tag. Auf die Grundpflege müssen dabei mehr als 45 Minuten täglich entfallen.
II - schwere Pflegebedürftigkeit, d.h. Hilfebedarf mindestens 180 Minuten pro Tag mit einem Grundpflegebedarf von mindestens 120 Minuten täglich.
III - schwerste Pflegebedürftigkeit, d.h. Hilfebedarf mindestens 300 Minuten pro Tag. Der Anteil an der Grundpflege muss dabei mindestens 240 Minuten täglich betragen.
Härtefall - schwerste Pflegebedürftigkeit wie Stufe III, Hilfebedarf jedoch mindestens 420 Minuten pro Tag rund um die Uhr, auch regelmäßig nachts; nachts mindestens 120 Minuten; Grundpflege mindestens 360 Minuten pro Tag, nur von einer Pflegefachkraft auszuführen.
Die Bezeichnung "Pflegestufe 0" existiert von ihrer Wirkung her de facto, sie wird im Gesetz allerdings nur negativ geregelt. "Darunter (90 Minuten etc.) gibt es keine Leistung." Umgangssprachlich wird der Ausdruck allerdings oft sachlich richtig verwendet (gesprochen: Pflegestufe Null), um auszudrücken, dass der Betreuungsbedarf einer Person zwar besteht, aber unterhalb der Zeitaufwandsschwelle liegt, die von der Pflegeversicherung als Voraussetzung für Leistungen der Pflegestufe I mindestens verlangt wird. Das heißt nicht, dass keine Pflege oder hauswirtschaftliche Unterstützung nötig wäre. Der Begriff hat nichts mit dem objektiven Pflegebedarf zu tun, sondern nur mit den gesetzlichen Zeitgrenzwerten.
Es kann vorkommen, dass der MDK-Gutachter den Pflegeaufwand niedriger einschätzt als die betroffenen Angehörigen. Sei es, um überhaupt Leistungen der Pflegeversicherung erhalten zu können oder eine höhere Pflegestufe. Zunächst ist es möglich, innerhalb einer Frist von 4 Wochen gegen den Bescheid der Pflegekasse Widerspruch einzulegen. Dieser sollte möglichst auch begründet sein. Hilfreich ist in jedem Falle hierzu die Anforderung des Gutachtens, das der Gutachter des MDKs nach seinem Besuch erstellt hat. Sollte dem Widerspruch nicht abgeholfen werden können, besteht aber weiterhin die Überzeugung, die Einstufung (oder Ablehnung) sei nicht dem Bedarf entsprechend, kann Klage beim Sozialgericht erhoben werden. Sollte sich die Pflegebedürftigkeit weiterhin verändern (im Sinne von erhöhen), kann jederzeit erneut ein Antrag gestellt werden.
Anmerkung: Die Leistungen der von den Krankenkassen finanzierten so genannten Behandlungspflege gibt es weiterhin; sie betrifft jedoch nur Fälle, die weniger als ein halbes Jahr Hilfe erfordern.
Gegenwärtig entscheiden sich etwa zwei Drittel der mehr als zwei Millionen Pflegebedürftigen für die häusliche Pflege. In der häuslichen Umgebung ist der Pflegebedürftige vor allem erheblich geringeren psychischen Belastungen ausgesetzt als bei einem Heimaufenthalt.
Politisch ist diese Unterstützung ein Ausdruck der Anerkennung privater Hilfe, die als "ehrenamtliche" Tätigkeit gilt. Pflegepersonen stehen also nicht in einem Arbeitsverhältnis. Dabei ist es gleichgültig, ob es sich um Familienangehörige oder Familienfremde handelt und ob diese für die persönliche Grundpflege oder die hauswirtschaftliche Versorgung tätig sind. Sie bedürfen also keiner Anmeldung z.B. als Minijob und keiner Arbeitserlaubnis oder irgendwelcher sonstiger für Arbeitsverhältnisse nötigen Genehmigungen oder Anmeldungen.
Für diese häusliche Pflege werden dem Pflegebedürftigen Geldleistungen gewährt. Diese auch Pflegegeld genannte Versicherungsleistung beträgt in Pflegestufe
Eine Härtefallregelung gibt es bei der Geldleistung nicht. Die Pflege und das Pflegegeld kann der Pflegebedürftige auch auf mehr als eine Person aufteilen (z. B. persönliche Pflege durch den Ehepartner und die zur Pflege gehörige hauswirtschaftliche Versorgung durch eine familienfremde Person). Der Pflegebedürftige muss die Verwendung der Gelder nicht im Einzelnen nachweisen.
Über das Pflegegeld hinaus zahlt die Pflegekasse für ehrenamtliche Pflegepersonen - soweit sie keine Altersrente oder Pension beziehen - Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung und zur gesetzlichen Unfallversicherung. Das gilt aber nur für Pflegepersonen, die neben der Pflege nicht mehr als 30 Wochenstunden versicherungspflichtig erwerbstätig sind. Damit erhalten sowohl pflegende Angehörige als auch familienfremde Pflegepersonen während der Pflegezeit einen gewissen Versicherungsschutz. Die Beitragshöhe richtet sich nach der wöchentlichen Stundenzahl (mindestens 14 Std.) sowie nach der Pflegestufe und wird jährlich neu festgelegt. Für 2006 gelten folgende Beiträge:
Pflegestufe | wöchentlich | € mtl. | € mtl. |
---|---|---|---|
mind. Std. | West | Ost | |
I | 14 | 127,40 | 107,38 |
II | 14 | 169,87 | 143,17 |
II | 21 | 254,80 | 214,76 |
III | 14 | 191,10 | 161,07 |
III | 21 | 286,85 | 241,61 |
III | 28 | 382,20 | 322,14 |
Der Begriff "Sachleistungen" ist möglicherweise missverständlich, denn von der PV wird dabei ein ambulant tätiger Pflegedienst bezahlt, der die Pflege zu Hause durchführt. Der Pflegedienst wird von der zu pflegenden Person ausgesucht. Die Pflegedienste rechnen direkt mit der Pflegekasse ab, eine Auszahlung an die gepflegte Person oder deren Angehörige erfolgt nicht.
in anerkannten Härtefällen 1.918 €. Ein Härtefall im Sinne des PVG liegt bei einem zeitlich oder kostenmäßig außergewöhnlich hohen und vom MDK überprüften Pflegeaufwand vor, z. B. im Endstadium einer Krebserkrankung oder im Wachkoma.
Bei der Kombinationsleistung können sowohl Leistungen der Pflegedienste als "Sachkosten" abgerechnet als auch der dabei nicht verbrauchte Anteil an der Höchstleistung als Geldleistung in Anspruch genommen werden.
Wird z.B. 80 % des Höchstbetrages der Sachleistung verbraucht, stehen daneben noch 20 % des Höchstbetrages der Geldleistung zur Verfügung.
So kann z. B. die persönliche Pflege durch einen Pflegedienst erfolgen und die hauswirtschaftliche Versorgung durch einen Familienangehörigen.
Neben den vorgenannten Leistungen können bei häuslicher Pflege folgende weitere Leistungen der Pflegeversicherung zur Anwendung kommen:
Bei der „Kurzzeitpflege“ werden im Bedarfsfall auch die Kosten für eine professionelle Ersatzpflegekraft (durch eine Vertragspflegeeinrichtung) bzw. stationär in einem Pflegeheim bis zu 4 Wochen jährlich bis zu einem Betrag von 1.432 € übernommen. Leistungsgründe können z.B. Urlaub der Pflegeperson oder eine kurzfristige Verschlechterung der Pflegebedürftigkeit sein.
Bei einer häuslichen Pflege, die bereits länger als 12 Monate andauert, ist die Inanspruchnahme einer „Verhinderungspflege“ (bei Verhinderung der Pflegeperson infolge Krankheit oder Urlaub; auch Ersatzpflege genannt) durch eine nichtprofessionelle Ersatzkraft möglich. Das wird ebenso bis zu insgesamt 4 Wochen jährlich bis zu einem Betrag von 1.432 € übernommen, wenn die Ersatzkraft nicht mit der zu pflegenden Person verwandt ist. Besteht der Anspruch auf Verhinderungspflege noch nicht, kann alternativ Kurzzeitpflege in Anspruch genommen werden.
Für zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel werden bis 31,- € monatlich übernommen. Technische Hilfsmittel können leihweise zur Verfügung gestellt oder von der Krankenkasse zu 100% erstattet werden. Für die Verbesserung des Wohnumfeldes (z. B. Hebegeräte, Einbau eines behindertengerechten Bades, Treppenlift) können von der Pflegeversicherung Kosten bis zur Obergrenze von 2.557 € je Maßnahme durch den MDK bewilligt werden. Der Pflegebedürftige hat einen Eigenanteil von 10% der Kosten der Umbaumaßnahme zu leisten. Der Eigenanteil darf dabei aber 50% seiner monatlichen Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt nicht übersteigen. Verfügt er über keine eigenen Einkünfte, entfällt der Eigenanteil. Die Einnahmen anderer im Haushalt lebender Personen (z.B. Ehegatte) bleiben grundsätzlich unberücksichtigt.
Sind gleichzeitig verschiedene Um- bzw. Einbauten nötig (z.B. Türverbreiterungen und Rollstuhlrampe und Treppenlift), so gelten diese einheitlich als eine Umbaumaßnahme. Ein erneuter Zuschuss für Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes ist nur möglich, wenn eine zwischenzeitlich eingetretene Veränderung der Pflegesituation diese erforderlich macht. Alternativ zu nötigen Umbaumaßnahmen kann auch ein Umzug in eine den Anforderungen des Pflegebedürftigen entsprechende Wohnung bezuschusst werden. Sofern auch hier weitere Aufwendungen zur Wohnumfeldverbesserung nötig sind, können diese ebenfalls bezuschusst werden. Insgesamt darf aber auch in dieser Kombination der Höchstzuschuss von 2557 € nicht überschritten werden.
nach oben »